Das Hab-und-Gut-Päckchen: Eine praktische Einführung
Was ist das Hab-und-Gut-Päckchen?
Ein
Hab-und-Gut-Päckchen (HUGP), oder auch elektronische
Dokumentenmappe, hilft Dir im Notfall auf Deine Dokumente zuzugreifen,
falls diese nicht (mehr) zur Verfügung stehen.
Denkbare Situationen könnten sein:
- Diebstahl (es reicht schon der Diebstahl Deines Portemonnaies)
- Einbruch im Haus
- Feuer
- Hochwasser
- Du brauchst etwas von Deinen Dokumenten bist aber von zu Hause weg
Der Begriff HUGP wurde von Walter Dold in seinen Büchern
sowie auf sein
Homepage eingeführt. Dort beschreibt er auch, wie
Du es technisch
bewerkstelligen könntest: Alles scannen und auf USB-Stick bei sich
tragen. Soweit so gut. Aber wie kriege ich die Sachen auf den USB-Stick?
1. Schritt: Überlegen
Überlege Dir, was Du an Dokumenten dabei haben müsstest. Eine mögliche
Liste könnte so aussehen:
- Alles, was Du im
Portemonnaier/Brieftasche hast. Oft ist es nämlich so, dass Du
genau die Infos brauchst, die auf den Karten stehen, um diese sperren
zu lassen
- Personalausweis
- EC-Karte
- Kreditkarte
- Führerschein
- Organspendeausweis
- Vereinsausweise (z.B. Automobilclub)
- Dauerfahrausweise (BahnCard, E-Ticket für den Bus,
Studierendenausweis)
- Bibliotheksausweis
- Kundenkarten
- Dauerparkkarte
- Fahrzeugschein
- Versichertenkarte der Krankenkasse
- Dokumente zu Deiner Ausbildung:
Zwar sind Abschlusszeugnisse normalerweise archiviert, aber auch hier
könnte es mal Probleme geben. Und wenn Du der Uni zur Neuausstellung
schon einen Scan
schicken kannst, ist das auch nicht schlecht. Zumal die meisten Firmen
sich meist mit Scans zufrieden geben. Also brauchen wir:
- Schulabschlusszeugnisse (Hauptschule, Realschule, Abitur),
- Am Besten alle Zeugnisse, nachdem du 18 geworden bist, weil
diese ggf. auf die Rente angerechnet werden
- Ausbildungszeugnisse
- Diplome, Bachelorzeugnis, Masterzeugnis
- Promotionsurkunde
- Arbeitszeugnisse
- Sonstige Zertifikate über Prüfungen
- Dokumente zu Versicherungen:
Die beste Hausratspolice nützt nichts, wenn sie mit abbrennt, oder? Ich
würde Dir sogar raten, das Original in einem Bankschließfach, bei
Verwandten o.ä aufzubewahren. Scanne also die Policen oder Auskünfte zu
möglichen Versicherungen, zum Beispiel:
- Auto
- Privathaftpflicht
- Rentenversicherung (gesetzlich, berufsständig, privat)
- Lebensversicherungen
- Hausrat
- Wohngebäudeversicherung
- Private Kranken(zusatz)versicherung
- Dokumente zur Arbeit
- Arbeitsverträge
- Dokumente zu Arbeitslosigkeiten und Lohnersatzleistungen
(Mutterschaftsgeld, Rente etc.)
- Dokumente zur Arbeit
- Personenstand
- Geburtsurkunden
- Heiratsurkunde
- ggf. Scheidungsurteile
- ggf. Kirchenaustritt (wichtig, denn hier ist jeder selbst
beweispflichtig: Siehe hier!)
- Erbscheine, Sterbeurkunden von Angehörigen
- Sonstige Verträge:
Zumindest die Kundennummern sollte man parat haben, um ggf. Verträge
kündigen zu können oder Adressänderungen vorzunehmen
- Telefon/Internet
- Gas
- Elektrik
- Wasser
- Mietverträge, inkl. Abnahmeprotokolle
- Vereinsmitgliedschaften
- Dokumente zur Gesundheit
- Adressen von Hausärzt*in
- Röntgenbilder
- Entlassbriefe
- Dokumente zu Allergien
- Liste ständig verordneter Medikamente
- Fotos von Verwandten: Diese geben vielleicht in Krisenzeiten
Trost, andererseits kann es auch lebenswichtig sein, falls z.B. in
einer Krise Dein Kind vermisst ist (Suchkind). Es
empfehlen sich also auch Fotografien, auf denen die Person gut zu
erkennen ist
- Fotos Deiner Wohnung: Damit Du im
Brandfall/Einbruch die Schäden besser auflisten kannst
Ihr seht, die Liste ist sehr lang. Ihr solltet Euch Zeit nehmen. Aber
lieber zu wenig sammeln, als gar nichts... Du kannst ja nachlegen.
2. Schritt: Dokumente einscannen
Am Besten dran bist Du natürlich mit einem Einzugsscanner. Hiermit
kannst Du die Dokumente, die du in großer Anzahl hast (z. B.
Entgeltbescheinigungen) recht schnell durchscannen. Zeugisse würde ich
allerdings niemals da durch schicken, zu ärgerlich ist es, wenn sich
mal etwas verklemmen sollte. Ebenfalls Kredit-/Plastikkarten kannst Du
gut auf den Scanner legen, auf ein A4-Blatt gehen 10 Stück locker
drauf. Natürlich sollten Vorder- und Rückseite gescannt werden
Problemfall 1: Doppelseitige Dokumente
Die meisten Einzugsscanner für den Heimgebrauch können nur einseitig
scannen. Du musst also wie folgt vorgehen:
- Scanne erst die Vorderseiten ein. Diese hast du also in der
Reihenfolge 1-x gescannt
- Scanne dann die Rückseiten ein. Diese hast Du dann in der
Reihenfolge 9-2 gescannt
Und jetzt kommt der Trick: Lade Dir auf Deinen Computer das Programm pdftk
herunter und installiere es (Linux bringt das Programm meist direkt
mit). Öffne dann eine Kommandozeile und gib folgendes ein:
cd c:\MeinOrdner (hier muss natürlich Dein Verzeichnis stehen)
pdftk A=ungerade_seiten.pdf B=gerade_seiten.pdf shuffle A Bend-1 output ausgabe.pdf
Die Dateinamen musst Du natürlich anpassen. Das Programm können wir
später noch gebrauchen!
Problemfall 2: Gebundene Dokumente
Gebundene Dokumente (bei Versicherungen sehr beliebt, aber auch manche
Zeugnisse): Diese kannst Du schlecht scannen, wenn Sie sehr dick sind.
Eine Abhilfe ist das Abfotografieren: Schon gute Handykameras
können reichen. Noch besser ist natürlich eine Spiegelreflexkamera.
Achte auf eine gute und gleichmäßige Beleuchtung, Beispielsweise durch
eine Schreibtischlampe. Falls es geht, halte die Belichtungszeit kurz.
Wenn die Dokumente von selber zuklappen möchten, musst Du sie entweder
beschweren oder Dir noch besser von einer zweiten Person helfen lassen.
Kontrolliere anschließend auf dem Computer, ob Du die Dokumente lesen
kannst.
Problemfall 3: Übergroße Dokumente
Zumindest in Nordrhein-Westfalen sind die Abiturzeugnisse gefaltete DIN
A3-Blätter. Natürlich kann man sie falten und scannen, aber manches
Papier will beim Umknicken auseinanderfallen. Wenn Abfotografieren
nicht hilft, bleibt hier am Besten der Gang zum Copyshop, diese haben
meist A3-Kopierer, die auch scannen können. In vielen Firmen stehen so
Dinger auch.
Schritt 3: Verschlüsseln
Du willst bestimmt nicht mit einem USB-Stick rumlaufen, auf dem alle
Deine Daten sind. Wenn jemand diesen Stick klaut oder "findet", dann
hat der*diejenige alle Deine Daten und kann viel Unheil anrichten.
Deshalb willst Du alle Deine Daten vor dem Kopieren auf den Stick
verschlüsseln!
Wenn Du nicht gerade die Vollversion von Acrobat kaufen möchtest,
nimmst Du wieder pdftk.
Denke Dir zuerst ein Passwort aus. Nimm ein langes Passwort, dass Du
Dir gut merken kannst. Nimm keine Umlaute oder komplizierte
Sonderzeichen; diese kannst Du im Ausland nicht einfach eingeben.
Ein gutes Passwort kannst Du so erstellen: Merke Dir einen Satz wie
"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr". Nimm jeweils die
ersten zwei Buchstaben von jedem Wort und entfernst den Umlaut, so
erhältst Du "WaHaenilemleHani.". Immerhin schon 15 Zeichen +Komma +
Punkt. Lass
also Deine Fantasie dabei spielen.
Lade also pdftk
herunter und installiere es (Linux bringt das Programm meist direkt
mit). Öffne dann eine Kommandozeile und gib folgendes ein:
cd c:\MeinOrdner (hier muss natürlich Dein Verzeichnis stehen)
pdftk meinPDF.pdf output U:\meinPDF.pdf user_pw WaHaenileleHaNi.
(Die Dateinamen passt Du an, und Dein Passwort. Im Beispiel wäre U:
Dein USB-Stick...)
Du kannst jetzt ausprobieren, Dein verschlüsseltes PDF zu öffnen. Wenn
Du alles richtig gemacht hast, dann kannst Du es ohne das Passwort
nicht öffnen.
Hinweis: PDFTK verschlüsselt das PDF mit AES und 128 Bit. Da kommt so
schnell niemand durch. Bitte denk daran, dass wir uns ja vor Dieben und
Findern schützen müssen, nicht vor Geheimdiensten. Die haben Deine
Informationen schon...
Verschlüsseln sonstiger Dateien:
Natürlich wirst Du viele Dokumente haben, die nicht als PDF-Datei
vorliegen, zum Beispiel JPG-Fotos. Diese kannst Du ebenfalls so
verschlüsseln, dass sie fasst auf jedem PC ohne viel Aufwand zu
entschlüsseln sind. Der Trick dabei ist es, diese als verschlüsselte
ZIP-Datei abzuspeichern. Eine Anleitung, wie Du ein verschlüsseltes ZIP
erstellen kannst, findest Du hier.
Schritt 4: Ordnung schaffen
Ordnung ist das halbe Leben - Unordnung das Ganze.
Vermeidet es, die Dateinamen so zu lassen, wie der Scanner sie
ausspuckt. Ein Dateiname "CC04711815_0001.pdf" ist bestimmt nicht so
gut wie "Heiratsurkunde.pdf". Du solltest auch eine sinnvolle
Ordnerstruktur anlegen, z.B.:
U:\
Homer
\Arbeit
\Personenstand
\Finanzen
Marge
\Personenstand
Ehepaar
\Hausrat
\Autos
Bart
\Personenstand
\Schule
Maggie
\Personenstand
\Gesundheit
Datei mit Kontaktinfos
Legt auch eine Datei "README.TXT" an, und speicher darin Eure
Handynummer ab. Wenn jemand den Stick findet, kann er ihn Dr
zurückgeben. Du kannst ja noch ein paar nette Worte dazu schreiben.
Schritt 5: Stick mitnehmen
Der beste Stick nützt natürlich nichts, wenn Du ihn in die Schublade
legst. Ob Du ihn wirklich vakuumieren und in Alufolie einwickeln
willst, dass weiß ich nicht. Gegen einen elektromagnetischen Impuls
dürfte das bisschen Alufolie nicht helfen. Wichtiger ist, dass Du Dir
einen guten Ort überlegst. Das Portemonnaie schließen wir mal lieber
aus, denn was nützt das Backup? Wenn es mitgeklaut wird?
Ein paar Ideen:
- Extrafach im Rucksack, ggf. eingenäht
- Geldgürtel
- Brusttasche
- Innentasche einer Hose (haben manche Anzugshosen mittlerweile)
- Im Auto (bei Autoreisen)
usw.
Alternativen
Das Blöde an dem HUGP-Stick ist, dass Du dann direkt daran denken
musst, ihn mitzunehmen. Die beste Alternative zum Stick ist die Kopie
auf dem Smartphone. Das hat folgende Vorteile:
- Das Smartphone ist heute immer dabei, selbst beim Gang aufs Klo
- Es hat einen großen Speicherplatz
- Du musst nix kaufen
- Du kannst Dir die Dokumente direkt anschauen und auch per Mail
oder Whatsapp verschicken, falls ein Familienmitglied sie braucht. Und:
Wenn Du die Dokumente wie oben beschrieben als PDF verschlüsselst, dann
kannst Du sie trotzdem (zumindest unter Android) anschauen.
Nachteil: Ein Handy ist vielleicht klaugefährdeter als ein Stick.
Wie bekommt Ihr die Daten am Einfachsten auf das Handy? Zumindest bei
Android ganz einfach: Steck das Ladekabel Eures Smartphones in das
Smartphone und das andere Ende in den PC. Dein Smartphone fragt dann,
ob Du das Handy als Laufwerk bereitstellen willst. Das musst Du
bejahen und kannst die Dateien auf das Smartphone kopieren. Im
Smartphone gibt es üblicherweise einen Dateimanager, mit dem Du die
Dateien wiederfindet.
Eine weitere Alternative ist "die Cloud", also das Hochladen auf einen
Speicher. Zum Beispiel auf Dropbox oder Google Drive. Wie das geht,
beschreibe ich hier nicht im Detail, das findest Du schon raus...
Vorteil ist natürlich, dass die Sachen nicht einfach verloren gehen
können, solange Du das Passwort noch kennst. Ob Du der Cloud vertraut,
ist eine andere Frage. Auf jeden Fall lädst die Sachen immer schön
verschlüsselt hoch und nimmst nicht gerade das Passwort für die
PDF-Datei, mit dem Du Dich bei der Cloud anmeldest.
Überlege auch, ob Du neben dem Stick noch eine SD-Karte oder einen
zweiten Stick beschaffst, dann hast Du eine Reserve. Du kannst auch
einen Stick bei Bekannten hinterlegen... Du wirst schon eigene Ideen
haben.
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